Interview mit Edeltraud Ulbrich

Der Wunsch

Flügel möchte ich besitzen,
Bis zum blauen Himmel dringen,
Wo die schönen Sterne blitzen –
Schöner Engel, schenk‘ mir Schwingen.

Als der Engel mich vernommen,
Griff er in die Silbertruhe –
Und was habe ich bekommen?
Gute, feste Wanderschuhe!

Hedwig Distel


Liebe Edeltraud,
das Pilgern "Auf dem Rasso-Pilgerweg - rund um den Ammersee" beim Brucker Forum feiert 2021 seinen 10. "Geburtstag". Du warst als Pilgerbegleiterin der ersten Stunde mit dabei. Was hat dich damals bewogen, bei diesem Projekt mitzumachen?

Edeltraud Ulbrich: Mit dem Bild und dem Text oben kann ich am besten beschreiben, wie ich zum Pilgern kam. "Vogelfrei" wollte ich mit Beginn meines "Ruhestands" - nach 37 Jahren Arbeit an Grund- und Hauptschule – jetzt meine Tage gestalten, nach Herzenslust Kurse besuchen und halten... Da fiel mir auch schon ein erster Flyer in die Hände: "Leben heißt unterwegs sein - Ausbildung für Pilgerbegleiter". Ich hatte nicht vor, das zu werden. Aber ich kannte und schätzte den theologischen Referenten Herbert Konrad vom katholischen Kreisbildungswerk Bad Tölz-Wolfratshausen e.V., der diese Ausbildung anbot. Und schon war ich angemeldet. Kurs 2009 beendet, Ausbildungsbescheinigung zufrieden abgeheftet – fertig!

Bald darauf schon kam dann ein überraschender Anruf von Dir als dem theologischen Referenten des Brucker Forum e. V. Wir kannten uns von der Schule. "Du bist ja Pilgerbegleiterin. Magst du mit mir das Erkundungspilgern für den Rassopilgerweg zusammen mit mir für noch sieben weitere, z. T. schon erfahrene Pilgerbegleiter, vorbereiten?" Mit Freude sagte ich zu, dachte zunächst aber nur an eine einmalige Aufgabe.

Mitzumachen ist das eine, 10 Jahre dabei zu bleiben, ist das andere. Welche Erfahrungen haben dich dabei bestärkt?

Edeltraud Ulbrich: Schon am ersten Tag des "Erkundungspilgerns" sprang der Funke über. Es war das Erlebnis mit gleichgesinnten, suchenden Menschen einen Weg zu erkunden, geistliche Impulse, dann wieder schweigend gehen. Dazu kam der unglaublich abwechslungsreiche Weg durch die wunderbare Landschaft – und das vor der Haustür.

Es sind 10 unglaublich bereichernde Jahre geworden. Von Herzen bin ich dankbar, dass sich mir diese Aufgabe ungeahnt "in den Weg" gestellt hat. Ich hoffe sehr, dass diese kostbare Präsenz-Veranstaltung neben all den pandemiebedingten digitalen Angeboten nun fortgeführt werden kann.

Gibt es im Rückblick ein Erlebnis, an das du dich besonders erinnern wirst?

Edeltraud Ulbrich: Je mehr ich nachdenke, desto mehr Erinnerungen blühen auf. Sie würden ein ganzes Buch füllen! Auf ein Erlebnis allerdings schaue ich tief beeindruckt zurück: Es stand eine 4-Tage-Route auf dem Plan. Die Wetteraussichten waren düster, damit schon mal das Gepäck schwerer. Aber niemand sagte ab. Dass es dann 4 Tage Dauerregen geben würde, das hatte sich wirklich niemand gewünscht. Ein einziger Impuls unter einem Baum blieb für eine halbe Stunde regenfrei.

Was für eine Wohltat war es, als wir triefend nass bei einem Gastwirt in Windach einkehren durften, um einen warmen Kaffee zu trinken und uns später ein Bauer in Hübschenried seinen Heustadl als Obdach für unsere Mittagsrast anbot. Wie das schmeckte im duftenden Heu, in dem sich die eine und der andere in einer trockenen Kuhle dann auch noch genüsslich langstreckte, bevor alle wieder froh gelaunt im Regen weiterstapften... Welche Energie im gemeinschaftlichen Miteinander und auf dem Weg sein steckt, das hatte ich bis dahin noch nicht erlebt.

Heuer wirst du nun "altersbedingt" zum letzten Mal dabei sein.

Edeltraud Ulbrich: Ja, "altersbedingt" – und durch andere Aufgaben, die rufen. So ist es. "Alles hat seine Zeit". Die Pilgerzeit aber bleibt mir "lebenslänglich" in dankbarer Erinnerung.

Liebe Edeltraud, vielen Dank für das Interview mit dir und einen großen Dank für dein 10jähriges Engagement als Pilgerbegleiterin beim Brucker Forum!

Die Fragen stellte Helmut Schnieringer

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